Schatzjäger Carsten Konze | Die Jäger der verlorenen Schätze

27. Apr 2024

Als Raubgräber gefürchtet, als Helfer der Archäologie geschätzt – während der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der Schatzsucher mit Metalldetektor deutlich erhöht. Das Hobby hat seine Tücken.

(Diese Galerie wurde mit Material aus der dpa erstellt)

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Motive: © dpa / Oliver Berg für GMX

Motive: © dpa / Oliver Berg

Piiiep, piiiep: "Das knallt doch ganz gut rein", sagt Schatzjäger Carsten Konze. Der 47-jährige Kölner ist noch keine zwei Minuten auf dem Acker, da hat er schon sein erstes gutes Signal. Schatzsucher wie Konze nennen sich auch Sondler oder Sondengänger.

Konze ist in der Szene eine Berühmtheit. Er ist einer der ganz wenigen von geschätzten 30.000 Schatzjägern in Deutschland, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten. Auf YouTube hat sein Kanal "German Treasure Hunter" fast 160.000 Abonnenten, auf Tiktok hat er 213.000 Follower. Dort haben sieben Millionen sein erfolgreichstes Video gesehen.

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In einer Vitrine sind die besten Funde des Schatzjägers aufgereiht: eine Pfeilspitze aus der Bronzezeit, 3.500 Jahre alt, eine keltische Münze etwa aus dem Jahr 290 vor Christus, Sesterzen und Denare aus der Römerzeit (auf dem Foto) und eine römische Speerspitze. Doch ein Fund fehlt: eine kunstvoll verzierte Fibel aus der Römerzeit aus massivem Gold. Mit solchen Schmuckstücken schlossen reiche Römer ihre Umhänge.

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Weil die Fibel, ähnlich wie diese hier auf dem Bild, einen besonderen wissenschaftlichen Wert hat, kam sie ins sogenannte Schatzregal. Schatzjäger Konze hat für seinen spektakulären Fund 5.000 Euro Entschädigung vom Staat bekommen. "Damit bin ich sehr zufrieden", sagt er. "Ich melde alles, was älter ist als Mittelalter. Einmal im Jahr bringe ich diese Sachen zu einer Archäologin des Landschaftsverbands Rheinland. 99 Prozent der Stücke bekomme ich zurück."

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Mit dem, was wissenschaftlich wertvoll ist, sei das so eine Sache: Eine einzelne Musketenkugel sei nicht relevant, aber Hunderte Musketenkugeln deuten auf ein historisches Schlachtfeld. Die Zugangshürden für Sondengänger wie ihn sind von Bundesland zu Bundesland verschieden. Für die Suche braucht der Schatzjäger aber nicht nur eine behördliche Nachforschungsgenehmigung, sondern auch grünes Licht von den Eigentümern der Flächen, auf denen er suchen will. Bodendenkmäler sind tabu, auch in Wäldern darf in der Regel nicht gegraben werden. So bleiben die Äcker, zigmal umgepflügt, das natürliche Terrain der Schatzsucher.

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"Die illegale Archäologie ist ein großes Problem", sagt Archäologin Marion Brüggler, die in Xanten (NRW) die Außenstelle des Amtes für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland leitet. "Es gibt eine große Zahl von Schatzjägern, die sich nicht an die Spielregeln halten." Im Rheinland wird ein Sondler, der eine Genehmigung beantragt, bei einem Erstgespräch mit diesen Regeln vertraut gemacht.

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Weil die Suche – allein und draußen – während der Corona-Pandemie noch beliebter wurde, sei die Zahl der Schatzjäger stark gestiegen. "Wir haben ein Problem, wenn wissenschaftlich relevante Funde nicht gemeldet werden", sagt Brüggler. Vor einiger Zeit hätten Raubgräber bei Goch am Niederrhein ein fränkisches Gräberfeld aus dem 6. bis 8. Jahrhundert geplündert. "Wir haben von diesem Fundplatz erfahren, als das Gebiet schon für den Kiesabbau genutzt wurde. Das Gräberfeld ist für die Nachwelt verloren."

Vertrauensvolle Schatzjäger erhalten dagegen auch schon mal einen gezielten Suchauftrag der Amtsarchäologen, denn die können die vielen weißen Flecken und Verdachtsfälle auf ihren Karten nicht alle selbst erkunden, sagt Brüggler. In Ländern wie den Niederlanden sei man schon einen Schritt weiter und deutlich digitaler, berichtet Konze: Funde können noch vor Ort fotografiert und samt Standort ohne Papierkram rasch per App gemeldet werden.

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Mehrfach wurden Sensationsfunde wie die Himmelsscheibe von Nebra oder der Barbarenschatz von Rülzheim nicht den Behörden gemeldet. Wie wertvoll die Hobbysucher aber auch sein können, zeigte sich am Rande des Harzes im südlichen Niedersachsen. Dort stießen Hobby-Sondler vor etwa 15 Jahren auf ein Schlachtfeld eines römischen Feldzuges, auf den es in der Geschichtsschreibung keine Hinweise gab – 200 Jahre nach der verlorenen Varusschlacht, als man längst keine Römer mehr in Germanien vermutete. Eine größere Gruppe Hobby-Schatzjäger wurde in die Erkundung des Gebietes eingebunden und förderte mehr als 1.500 Artefakte zutage.

Wem es nicht um Altertümer und Geschichte geht, sondern um möglichst viel Geld, der sucht am besten unter einer Achterbahn oder unter einer Strandbar. Eine dritte Variante sind private Schatzjäger Suchaufträge: der verlorene Hochzeitsring oder das vergrabene und nicht mehr wiedergefundene Familiensilber.

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Dass Konze auf dem Acker so schnell fündig wird, verdankt er seiner Vorbereitung: Auf dem Display seines Handys hat er nicht nur seinen GPS-Standort auf einer aktuellen Karte parat. Er kann auch historische Karten darüber legen. "Hier war im 19. Jahrhundert ein Handelsweg, der nach Köln führte", sagt er und steckt einen Bereich ab, der früher eine Wegkreuzung war und heute ein unscheinbares Stück Kartoffelacker ist.

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Konzes erster Fund passt zur alten Handelsstraße: eine Verzierung eines alten Pferdegeschirrs oder einer Kutsche (Foto). Dann geht es Schlag auf Schlag: ein Bronzering, eine mittelalterliche Buchschließe und eine Münze aus der Kaiserzeit (nächstes Foto) tauchen aus wenigen Zentimetern Tiefe auf.

Daneben gerät aber auch eine Alu-Dosen-Abziehlasche nach der anderen unter den Detektor: "85 Prozent aller Funde sind Müll", sagt Schatzjäger Konze. Nach dem fünften Dosenverschluss hat er einen Verdacht: "Ich glaube, der Bauer hat hier beim Säen, Ernten und Pflügen regelmäßig seinen Durst gelöscht." Der Metalldetektor piepst nicht nur, er zeigt auch einen Leitwert an: Leitwerte bis zehn sind Eisen und in aller Regel Schrott. Sehr hohe Leitwerte von 80 oder 90 deuten dagegen auf Gold hin.

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